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Das sagt der Autor des Artikels, Jannik über sich:
Ich bin Jannik, 17 Jahre alt und besuche derzeit die zwölfte Klasse des Vincent-Lübeck-Gymnasiums.
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Die Entwicklung des heliozentrischen Weltbilds
Die Erde ist keine Scheibe und die Sonne dreht sich nicht um die Erde. Was für uns heute durch die Forschung belegt ist, war früher nicht selbstverständlich, denn erst mit Kepler, Galilei und Kopernikus rückte das heliozentrische Weltbild, in dem die Sonne das Zentrum unseres Sonnensystems bildet, in den Vordergrund.
Schon im 4. Jahrhundert vor Christus formulierte Aristoteles die Vermutung eines geozentrischen Weltbilds, als er die Kugelform der Erde entdeckte.1
Er schlussfolgerte, dass das All aus perfekten Körpern bestünde und sich Planeten auf perfekten Kreisbahnen bewegen würden.
Das geozentrische Weltbild (geo = Erde) bezeichnet ein Weltbild, in dem angenommen wird, dass die Erde das Zentrum bildet. Alle anderen Planeten und sogar die Sonne umkreisen dabei unsere Erde. Etwa 140 Jahre nach Christus nahm Claudius Ptolemäus Aristoteles’ Vermutung wieder auf und entwickelte daraus das geozentrische Weltbild, welches auch ptolemäische Weltbild genannt wird. Ptolemäus entdeckte bei seinen Beobachtungen einige Lücken in Aristoteles Weltbild und versuchte es mathematisch zu überarbeiten. Er stellte unter anderem fest, dass sich der Mars auf keiner Kreisbahn zu bewegen schien, sondern sich auf einer retrograden Bahn (=Schleifenbahn) bewege.2
Außerdem bemerkte er Helligkeitsschwankungen der Planeten, sodass er annahm, dass die Planeten in unterschiedlichen Abständen zur Sonne stehen. Um diese Beobachtung mit Aristoteles Theorie zu vereinen, entwickelte er ein Epizykelmodell.
Dabei dreht sich ein Planet kreisförmig um einen gedachten Punkt. Diese gedachten Punkte drehen sich auf einem sogenannten Deferenten immer noch um die Erde, sodass diese weiterhin das Zentrum unserer Welt
bildet.2
Bis sich daraus das heliozentrische Weltbild entwickelte, war es noch ein weiter Weg. Denn den Forschern standen noch keine optischen Hilfsmittel zur Verfügung und ihre Arbeit musste oftmals geheim bleiben, um nicht von der Kirche verfolgt zu werden. Die katholische Kirche verteidigte das geozentrische Weltbild, weil es mit der Bibel vereinbar war. Jeder Astronom, der das geozentrische Weltbild anzweifelte, hatte ein Verfahren der Inquistion zu befürchten.
Das heliozentrische Weltbild (Helios = Sonne) fand seine ersten Anfänge im 3. Jahrhundert vor Christus, durch Aristarch von Samos, mit der Vermutung, dass die Sonne das Zentrum unserer Welt ist.1
Es gab noch ein weiteres Weltbild, das tychonische Weltbild, welches der vollständigkeitshalber ebenfalls erwähnt werden sollte. Tycho Brahe (1546-1601), ein dänischer Astronom, hegte Zweifel am heliozentrischen Weltbild, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass sich die Erde bewegt. Er entwickelte daher ein Modell, das zum einen die Lücken des geozentrischen Weltbilds ausbesserte und zum anderen einen Kompromiss zwischen geozentrischem und heliozentrischem Weltbild darstellte. Die Erde sollte weiterhin im Zentrum ruhen, wobei sich alle anderen Planeten um die Sonne drehen. Der Mond und die Sonne mit all den dazugehörigen Planeten umkreisen dabei die Erde. Dieses Modell war ebenfalls zur Erklärung der retrograden Planetenbewegung und der Helligkeitsschwankungen der Planeten geeignet.
Dem heliozentrischen Weltbild wurde schon früher Aufmerksamkeit gewidmet. So stellte schon Aristarch von Samos mit Hilfe von geometrischen Berechnungen fest, dass die Sonne um ein Vielfaches größer als die Erde ist. Deshalb war es für ihn unlogisch, dass sich die größere Sonne um die kleinere Erde drehen sollte.4 Gegen diese Theorie sprach zur damaligen Zeit die sogenannte Fixsternparallaxe, die fehlte. Eigentlich hätte man, wenn die Sonne im Zentrum steht und die Erde und ein Fixstern (=bestimmter Stern zur Orientierung) sich bewegen, eine Parallaxe feststellen müssen.
Das bedeutet eine Verschiebung des Sterns hätte nach einem halben Jahr zu beobachten sein müssen.3
Aristarch verteidigte seine Theorie mit der Begründung, dass sich die Sterne in unvorstellbar riesiger Entfernung befänden. Die Parallaxe war mit bloßem Auge nicht zu erkennen, aber trotzdem vorhanden.
1838 wurde dieses durch Friedrich Wilhelm Bessel mit einem Heliometer, einem Messgerät für sehr kleine Winkel, bestätigt.3
Obwohl Nikolaus Kopernikus (1473-1543) überwiegend nur theoretische Mittel zur Verfügung standen, gelang es ihm 1800 Jahre nach Aristarch den entscheidenden Anstoß für das heliozentrische Weltbild zu geben, weshalb es auch kopernikanisches Weltbild genannt wird.1
Er bemerkte unter anderem, dass Ptolemäus Epizykeltheorie nicht ganz präzise war und sich das Problem der retrograden Planetenbewegung auch anders lösen lässt. Dazu platzierte er die Sonne im Zentrum des Kosmos und ließ die Planeten in unterschiedlicher Entfernung um sie herum kreisen. So lässt sich die scheinbare Rückwärtsbewegung der Planeten, die weiter außen liegende Umlaufbahnen als die Erde haben, einfach und ohne Epizykel erklären.
Denn immer wenn gerade Mars, Jupiter und Saturn sich rückwärts zu bewegen scheinen, werden sie lediglich von der weiter innen stehende Erde, die eine höhere Umlaufgeschwindigkeit hat, überholt.
In seinem Werk “De Revolutionibus Orbium Coelestium” hält er 1540 seine Erkenntnisse fest. Zu seinen wichtigsten Ideen zählt zweifelsfrei die Herauslösung der Erde aus dem Zentrum, die ins Zentrum platzierte Sonne, die Drehung der Erde um die eigene Achse und die Erklärung der retrograden Planetenbewegung. Die Drehung der Erde um die eigene Achse wurde zum größten Kritikpunkt seiner Arbeit.
Kritiker glaubten, wenn Kopernikus Recht habe, müsste man bei der Erddrehung eine Art Fahrtwind verspüren und Gegenstände könnten nicht senkrecht stürzen, wenn man sie fallen lässt.5
Kopernikus argumentierte, dass diese Bewegung nur Wahrnehmung sei, aber nicht wirklich existiere.1
Galileo Galilei (1564-1642) konnte im Jahr 1610 handfestere Beweise für ein neues Weltbild vorlegen.6
Auf seine mit Abstand wichtigste Entdeckung stieß Galilei als er den Jupiter mit seinem selbst entwickelten Fernrohr betrachtete. Ihm fielen erst drei, dann ein paar Tage später vier Lichtpunkte auf, die mit dem Jupiter eine Reihe bildeten.
Erst nach mehreren Beobachtungen war er sich sicher, dass es sich um Jupitermonde handelt, weil sie immer in der Nähe des Jupiters vorzufinden waren. Damit wurde erstmals gezeigt, dass sich nicht alles um die Erde dreht und somit im Widerspruch zum geozentrischen Weltbild steht. Heute werden die vier Monde Io, Ganymed, Europa und Kallisto zu Ehren des Entdeckers galileische Monde genannt. Da Galilei ein Kritiker des geozentrischen Weltbilds war, geriet er ins Visier der Kirche und wurde als Ketzer verfolgt. Im Jahr 1633 wurde er dem Inquisitionsgericht vorgeführt und seine heliozentrischen Schriften wurden verboten. Galilei musste alle seine Theorien für falsch erklären und dem heliozentrischen Weltbild abschwören, um nicht hingerichtet zu werden. Obwohl er den Abschwur geleistet hatte, wurde er zu einer Kerkerhaft verurteilt, die der zu Galilei gnädige Papst in Hausarrest umwandelte.8
Johannes Kepler (1571-1630) stieß nach jahrelanger astronomischer Arbeit ebenfalls auf sehr wichtige neue Erkenntnisse für das heliozentrische Weltbild, die er in seinen drei Keplerschen Gesetzen zusammenfasste.7
Das erste Gesetz besagt, dass sich Planeten auf keinen Kreisbahnen, sondern auf elliptischen Bahnen bewegen, wobei sich die Sonne in einem der Brennpunkte der Ellipse befindet. Jeder Planet umläuft die Sonne auf unterschiedlich starken elliptischen Bahnen, sodass beispielsweise die Umlaufbahn der Venus einer Kreisbahn ähnelt und der Merkur sich auf der stärksten elliptischen Bahn bewegt. Das Weltbild des Aristoteles mit perfekten Kreisen wurde damit erneut widerlegt.
In seinem zweiten Gesetz erklärt er, dass sich Planeten in Sonnennähe schneller auf ihrer Ellipse fortbewegen als in weiterer Entfernung zur Sonne. Er stellt fest, dass ein Planet in einem Zeitraum immer die gleiche Fläche überstreicht.9
Hierzu muss man sich zwischen der Sonne und dem Planeten eine Verbindungsgerade vorstellen. Der Planet wandert auf der Ellipse von einem Punkt nach der Zeit (t zu einem zweiten Punkt.
Dabei überstreicht die Verbindungsgerade eine Fläche, die bei gleichem Zeitintervall immer die gleiche Größe hat.
Denn wenn der Planet weit von der Sonne entfernt ist, ist er langsam und legt auf der Ellipse in der Zeit (t nur einen kleinen Weg zurück.
Ist er jedoch nah an der Sonne, so bewegt er sich schneller und legt in der Zeit (t einen größeren Weg auf der Ellipse zurück, sodass die beiden gedachten Flächen gleich groß sind.
Mit Hilfe seines dritten Gesetzes ist es möglich die Zeit, die ein Planet zum Umlaufen der Sonne benötigt, oder den mittleren Abstand eines Planeten zur Sonne zu bestimmen, wenn eine der beiden Größen bekannt ist. Kepler fand das Verhältnis heraus zwischen Umlaufzeit und dem mittleren Abstand eines Planeten, sodass er folgende Formel entwickelte, die für jeden Planeten unseres Sonnensystems gilt.9
(T1/T2)² = (a1/a2)³
T steht dabei für die Umlaufzeit und a für den mittleren Abstand zur Sonne. Wenn nun die Umlaufzeit T2 eines anderen Planeten bekannt ist, so kann man mithilfe der bekannten Werte der Erde die Formel so umformen, dass sich daraus der gesuchte, mittlere Abstand a2 des Planeten errechnen lässt.9
Um etwa 1687 formulierte Isaac Newton (1643-1727) das Gravitationsgesetz. Damit begründete er die Annahme, dass die Sonne im Zentrum unseres Sonnensystems stehen müsse.
Newton fand heraus, dass sich zwei Körper mit einer Masse und einem Abstand gegenseitig anziehen. Wenn die Masse größer und der Abstand kleiner werden, so vergrößert sich die Gravitationskraft. Die Sonne verfügt in unserem Sonnensystem über die größte Masse und damit zugleich auch über die größte Gravitationskraft. Daher wird sie von den anderen Planeten umkreist. Würde die Gravitationskraft nicht auf Planeten wirken, so würden sie nicht auf elliptischen Bahnen umeinander kreisen, sondern einfach auf einer geraden Bahn aneinander vorbeifliegen.
Newton konnte nun mit seinem Gravitationsgesetz Planetenbewegung und damit zugleich Planetenbahnen vorhersagen.10
Heute ist das heliozentrische Weltbild durch Raumfahrt und neue Messgeräte unumstritten. Als sich das Weltbild aber im 18. Jahrhundert durchgesetzt hat, war es ein riesiger Fortschritt für die Astronomie.11
Mit der Zeit wurde immer klarer, wie riesig unser Universum ist und mit jedem Schritt begann die Erde im Gesamtbild unbedeutender zu wirken. Nun war die Sonne unser Zentrum und die Erde nur noch einer von vielen Planeten und verlor damit die besondere Stellung, die sie zuvor etwa 2000 Jahre innehatte. Es brauchte eine so lange Zeit zur Durchsetzung des heliozentrischen Weltibldes, weil es anfangs an den technischen Möglichkeiten mangelte und sich später die Kirche dem neuen Weltbild in den Weg stellte. Außerdem war die Gesellschaft mit dem geozentrischen Weltbild zufrieden, da es die grundlegenden Fragen erklären konnte. Das geozentrische Weltbild war in den Köpfen tief verankert und die heliozentrische Sichtweise war schwer vorstellbar. Erst als sich immer mehr Indizien für ein heliozentrisches Weltbild gefunden hatten, hat die Kirche 1757 dieses Weltbild auch anerkennen müssen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass das heliozentrische Weltbild, die Sichtweise über unser Sonnensystem revolutionierte und Galileis Aussage “sie bewegt sich doch” stimmt.
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Heliozentrisches_Weltbild
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Geozentrisches_Weltbild
3 http://www.astronomieverein.de/index.php?seitenname=Astrowissen
4 https://www.theologie-naturwissenschaften.de/diskussion/unsere-themen/einzelansicht/datum/2010/09/30/aristarch-von-samos-der-kopernikus-der-antike.html
5 http://astrokramkiste.de/kopernikus
6 http://www.zeit.de/wissen/geschichte/2010-01/galileo-galilei
7 https://astrokramkiste.de/heliozentrisches-weltbild/keplersches-weltbild
8 https://www.theologie-naturwissenschaften.de/startseite/leitartikelarchiv/galileo-galilei.html
9 https://astrokramkiste.de/keplersche-gesetze
10 https://www.planet-schule.de/wissenspool/meilensteine-der-naturwissenschaft-und-technik/inhalt/hintergrund/das-universum/newton-und-die-gravitation.html
11 http://universal_lexikon.deacademic.com/248954/heliozentrisches_Weltbild